Vollzug der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virusdiarrhoe-Virus
Öffentliche Bekanntmachung gemäß § 41 Abs. 3 und 4 Thüringer Verwaltungsverfah-rensgesetz (ThürVwVfG);

Amtliche Tierseuchenbekämpfung;
Vollzug der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virusdiarrhoe-Virus 1 (BVDV-Verordnung) und der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689;
Anordnung von Untersuchungen und Bestimmungen zum Verbringen von Rindern


Das Gesundheitsamt der Stadt Suhl, Abteilung Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, erlässt folgende


Allgemeinverfügung:

1. Rinderhalter haben sicherzustellen, dass jedes neugeborene Kalb an einer nach oder gleichzeitig mit der amtlichen Kennzeichnung, aber nicht später als 20 Tage post par-tum (ab Geburt) entnommenen Probe negativ auf BVDV-Antigen oder -Genom getestet wird.

2. Sofern die Untersuchungen nach Punkt 1. nicht möglich sind, sind zur Erlangung des Status „frei von BVD" des Betriebes nach Vorgaben unserer Behörde die Rinder des Bestandes serologisch auf Antikörper gegen BVDV zu untersuchen. Die serologischen Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen BVDV sind innerhalb eines Zeitraums von mindestens 12 Monaten mindestens dreimal in Zeitabständen von mindestens vier Monaten durchzuführen, die jeweils von fünf Rindern (bei geringerer Zahl gehaltener Rinder von allen Rindern) entnommen wurden, die vor der Testung mindestens drei Monate im Betrieb gehalten wurden. Sofern die Rinder des Betriebes in getrennten Gruppen ohne unmittelbaren Kontakt zueinander gehalten werden, muss die entspre-chende Anzahl von Tieren aus jeder Gruppe getestet werden.

3. Sofern der Status „frei von BVD" bereits für einen Betrieb erreicht worden ist, ist es zur Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD" alternativ zu Punkt 1. auch möglich, dass von unserer Behörde im Einzelfall erlaubt werden kann, dass die serologischen Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen BVDV mit Negativbefund mindestens jähr-lich an Proben durchgeführt werden, die von fünf Rindern (bei geringerer Zahl gehal-tener Rinder von allen Rindern) entnommen wurden, die vor der Testung mindestens drei Monate im Betrieb gehalten wurden. Sofern die Rinder des Betriebes in getrenn-ten Gruppen ohne unmittelbaren Kontakt zueinander gehalten werden, muss die ent-sprechende Anzahl von Tieren aus jeder Gruppe getestet werden.

Sofern der Status „BVD-unverdächtig" gemäß der BVDV-Verordnung am 21. April 2021 für den Betrieb erreicht war, gilt der Betrieb als „frei von BVD".

4. Sofern trächtige Muttertiere in rinderhaltende Betriebe in Thüringen verbracht wer-den sollen, müssen sie aus Beständen, die den Status „frei von BVD" gemäß Art. 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/ 689 aufweisen, stammen,

a) wo die in Punkt 3. genannten serologischen Tests innerhalb der letzten vier Mona-te mit Negativbefund an mindestens fünf Tieren jeder Gruppe durchgeführt wur-den, mit denen die trächtigen Rinder gemeinsam gehalten wurden, oder
b) wo sie, sofern sie mindestens 150 Tage trächtig sind, individuell mit negativem Ergebnis auf BVDV-Antikörper untersucht worden sind.
c) die in einem von BVD freien Mitgliedsstaat oder einer solchen Zone gemäß Art. 8 in Verbindung mit Anhang VII Teil I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 liegen.

5. Die Rinder eines Betriebes mit einem BVDV-positiven Ergebnis unterliegen einer Ver-bringungssperre auf Grundlage § 38 Abs. 11 TierGesG i. V. m. § 6 Nr. 18 TierGesG.

Durch unsere Behörde wird die Verbringungssperre aufgehoben, wenn der Status „frei von BVD" wieder zuerkannt wurde.

6. Zur Abklärung von Verdachtsfällen und zum Nachweis von Abwesenheit des BVD-Virus sind nach Anweisung unserer Behörde folgende Untersuchungen zur Bestimmung des Status „frei von BVD" der betreffenden Rinder durchzuführen und nachfolgende Anfor-derungen einzuhalten:

a) bei nicht tragenden Rindern:
i) durch eine negative Untersuchung auf BVDV-Antigen oder -Genom oder
ii) sofern sie in der Vergangenheit negativ auf BVDV-Antigen oder -Genom un-tersucht wurden, durch ein mindestens 40 Tage dauerndes Verbleiben im Betrieb nach Entfernung des/der letzten BVDV-positiven Rindes aus dem Be-trieb.

b) bei tragenden Rindern, die in der Vergangenheit negativ auf BVDV-Antigen oder -Genom untersucht wurden, durch
i) ein Verbringungsverbot bis nach der Abkalbung oder
ii) eine negative serologische Untersuchung zum Nachweis auf Antikörper ge-gen BVDV nach dem 150. Trächtigkeitstag oder
iii) die Vorlage eines positiven Befundes einer serologischen Untersuchung zum Nachweis auf Antikörper gegen BVDV, die vor der Belegung bzw. Besamung, die der gegenwärtigen Trächtigkeit vorausging, durchgeführt wurde.

7. Der Status „frei von BVD" jedes Betriebes mit einem BVDV-positiven Ergebnis der viro-logischen Untersuchung auf BVDV-Antigen oder -Genom, der als bestätigter Fall nach Art. 9 Absatz 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 festgestellt wurde, wird ab-erkannt. Punkt 5. bleibt unberührt.

8. Der Status „frei von BVD" jedes Betriebes wird weiterhin aberkannt, wenn eine oder mehrere Anforderungen an Verbringungen und Untersuchungen gemäß Anhang IV Teil VI Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 nach Ablauf von neun Mona-ten nicht erfüllt sind.

9. Ausnahmen von der Verbringungssperre gemäß Punkt 5. oder 7. können durch unsere Behörde für Einzeltierverbringungen, sofern die Vorgaben des Punktes 6. nicht entge-genstehen, genehmigt werden, sofern die zu verbringenden Tiere unmittelbar zur Schlachtung transportiert werden oder wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

Die zu verbringenden Tiere weisen ein negatives Untersuchungsergebnis auf BVDV-Antigen oder -Genom auf und

a) werden einer 21-tägigen Quarantäne unterzogen und sind im Falle von trächtigen Rindern mithilfe einer in der amtlichen Methodensammlung beschriebenen Me-thode bei einer nach mindestens 21 Tagen der Quarantäne entnommenen Probe mit negativem Ergebnis auf BVDV-Antikörper untersucht worden, oder

b) sind vor der Verbringung oder im Falle von trächtigen Rindern vor der Besamung oder Belegung, die der gegenwärtigen Trächtigkeit voranging, positiv auf Anti-körper gegen BVDV getestet worden.

10. Die Biosicherheitsmaßnahmen gemäß Art. 10 der Verordnung (EU) 2016/429 sind durch jeden Rinderhalter einzuhalten. Grundlage ist der Thüringer Leitfaden „Praxis-hinweise zur Biosicherheit in Rinder haltenden Betrieben" (Stand 2016). Die Einhaltung der Basis-Anforderungen des Leitfadens wird mindestens alle zwei Jahre amtlich über-prüft. Eine Verknüpfung der Biosicherheitskontrollen mit anderen Kontrollschwerpunk-ten/-anlässen bleibt unserer Behörde vorbehalten.

11. Rinder aus anderen Mitgliedsstaaten und/oder Drittländern dürfen nur mit einer je-weils gültigen Veterinärbescheinigung, sofern die Voraussetzungen des Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitte 1 Buchstabe c der Delegierten Verordnung (EU) 2020/ 689 (sie-he unter Hinweise Nummer 5) erfüllt sind, eingestallt werden. Die Einhaltung der Ver-bringungsvoraussetzungen sind durch die zuständige Behörde mit Hilfe von TRACES Classic oder TRACES NT vor Einstallung zu prüfen.

12. Zur Überwachung der Freiheit der Rinderhaltenden Betriebe in Thüringen von BVDV-Infektionen und zur Vorbereitung auf die künftige serologische Überwachung auf BVDV-Antikörper des Status „frei von BVD" gemäß Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschn. 2 Nr. 1 c, iii der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 hat jeder Halter von Rindern ab einem von unserer Behörde festgelegten Zeitpunkt jährlich eine nach behördlicher Vorgabe bestimmte Stichprobe von Rindern seines Betriebes blut- oder milchserolo-gisch auf BVDV-Antikörper untersuchen zu lassen.
Hierzu ergeht an die Rinderhalter ein gesondertes Schreiben durch unsere Behörde.

In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass bei zwischenzeitlicher Aufgabe der Rinderhaltung unsere Behörde eigenverantwortlich zu informieren ist.

Ferner sind die Bestandsregister zur Rinderhaltung stets aktuell zu führen und zur Ein-sicht durch die Behörde verfügbar zu halten.

13. Für die Punkte 1.-2., 4.-8. und 10.-12. dieser Allgemeinverfügung wird die sofortige Vollziehung angeordnet.

14. Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs.

15. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gege-ben und wird an diesem Tag wirksam.

16. Diese Allgemeinverfügung ergeht verwaltungskostenfrei.


Gründe

I.

Die BVDV-Infektion ist eine anzeigepflichtige Tierseuche der Rinder. Sie wird in Deutschland seit dem 01.01.2011 staatlich bekämpft. Seitdem ist ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl BVDV-infizierter Bestände zu verzeichnen. Die Tilgung der Tierseuche Bovine Virusdiarrhoe / Mucosal Disease wurde in Thüringen erfolgreich abgeschlossen und deshalb wurde die schnellstmögliche Anerkennung des gesamten Freistaats Thüringen als BVDV-seuchenfreie Region im Sinne des Art. 36 der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht") bei der EU zum Anwen-dungsbeginn des neuen EU-Tiergesundheitsrechts, 21. April 2021, beantragt. Ein solcher Sta-tus ermöglicht es, durch verpflichtende Zusatzgarantien beim Verbringen von Rindern, die Rinderbestände in Thüringen vor BVDV-Neuinfektionen zu schützen. Mit Stand 27. Juli 2021 gibt es keine bekannten BVDV-Infektionen in Thüringen. Die zwei letzten persistent infizier-ten Tiere (PI-Tiere) wurden am 3. August 2019 aus dem betroffenen Rinderbestand entfernt. Diese mit hohem Aufwand erreichte positive epidemiologische Situation gilt es zum Schutz der Thüringer Rinderbestände zu sichern, da ein Eintrag der BVDV-Infektion nicht nur zum Leid der Tiere durch die Erkrankung, sondern auch zu massiven wirtschaftlichen Folgen für den betroffenen Betrieb führen würde. Der Entscheidungsprozess zu o.g. Antrag bei der EU ist noch im Gange.

Eine der Voraussetzungen für die Gewährung des Status „frei von Boviner Virusdiarrhoe" für Thüringen ist gemäß Art. 72 Buchstabe f in Verbindung mit Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Ab-schnitt 1 Buchstabe a der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei" für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen (ABl. L 174 vom 3.6.2020) der Nachweis, dass durch eine Kombination von regelmäßigen virologischen und serologischen Untersuchungen das Nichtvorhandensein des Virus im Bestand nachge-wiesen wird und somit keine Fälle im Sinne des Artikels 9 der genannten Verordnung auftre-ten.

II.

Gemäß § 1 Abs. 2 Thüringer Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (Thüringer Tier-gesundheitsgesetz - ThürTierGesG) i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 Thüringer Verwaltungsverfah-rensgesetz (ThürVwVfG) ist das Gesundheitsamt der Stadt Suhl, Abteilung Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für Anordnungen zur Tierseuchenbekämpfung sachlich und örtlich zuständig.

Mit In-Kraft-Treten der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht") wird diese unmittelbar geltendes Recht und überlagert somit eventuelle nationale Regelungen gemäß BVDV-Verordnung in der derzeit geltenden Fassung. Da die Umsetzung des EU-Rechtes bezüglich der erforderli-chen Anpassungen der nationalen Bekämpfungsvorschriften durch den Bund und in der Folge auch der Vorschriften über Zuständigkeiten noch aussteht, ist die Heranziehung des § 38 Abs. 11 i. V. m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 des Tiergesundheitsgesetzes notwendig. Die Anordnung der im Tenor festgelegten Regelungen auf dieser Grundlage ist möglich, sofern dies durch den Gesetzgeber nicht anderweitig erfolgt ist. Dies ist bezüglich BVD nicht der Fall.

Die in der Allgemeinverfügung aufgenommenen Anforderungen gehen deshalb über die Festlegungen der BVDV-Verordnung in der derzeit gelten Fassung hinaus und sind notwen-dig, um die BVD-virusfreie und hochempfängliche Rinderpopulation vor einem Viruseintrag zu schützen.

Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2, 3, 4, 6, 7 des Gesetz zur Vorbeugung vor und Be-kämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz - TierGesG) trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachtes, eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstö-ße oder zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sind.

Die zuständige Behörde kann insbesondere

anordnen, dass derjenige, der ein Tier hält, verbracht oder in den Verkehr gebracht hat [...] eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und ihr das Ergebnis mitteilt, soweit Grund zu der Annahme besteht, dass das Tier [...] den Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht entspricht,

vorübergehend verbieten, dass ein Tier [...] verbracht oder in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis der Untersuchung einer entnommenen Probe [...] vorliegt,

das Verbringen oder das Inverkehrbringen eines Tieres [...] verbieten oder beschrän-ken,

das Verbringen eines Tieres [...] in das Inland im Einzelfall vorübergehend verbieten oder beschränken, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die Tiere oder Erzeugnisse ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen,

die Absonderung von Tieren anordnen, [...].

Entsprechend § 38 Abs. 11 TierGesG kann die zuständige Behörde zur Vorbeugung vor Tier-seuchen und deren Bekämpfung eine Verfügung nach Maßgabe der §§ 6, 9, 10 und 26 Ab-satz 1 bis 3 erlassen, soweit durch Rechtsverordnung eine Regelung nicht getroffen worden ist oder eine durch Rechtsverordnung getroffene Regelung nicht entgegensteht. Diese All-gemeinverfügung ergeht daher nach § 38 Abs. 11 i. V. m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 11c, Nr. 12 und Nr. 18 TierGesG sowie aufgrund der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689. Die in der Allgemeinverfügung aufgenommenen Anforderungen gehen über die Festlegungen der BVDV-Verordnung hinaus und sind notwendig, um die BVD-virusfreie und hochempfängliche Rinderpopulation vor einem Viruseintrag zu schützen.

Zu 1.:
Die Anordnung in Punkt 1. des Tenors wurde im Hinblick auf die abweichend vom nationalen Recht seit 21. April 2021 geltenden Regelungen der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission die Anordnung getroffen, dass jedes neugeborene Kalb spätestens am 20. Lebenstag virologisch zu beproben ist. Dies entspricht den Anforderungen des Anhangs IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 1 Nr. 1 b i) der genannten Verordnung. Durch die Untersuchung jeden Tieres soll sichergestellt werden, dass kein Virus im Bestand zirkuliert und vor allem keine persistent infizierten Tiere (PI) geboren werden. Gleichzeitig ist die vollständige und fristgerechte Untersuchung Voraussetzung für die Erlangung und Aufrechterhaltung des Sta-tus "frei von BVD" auf Betriebsebene.

Zu 2.:
Die in Punkt 2. des Tenors getroffene Regelung bezüglich der Option gemäß Anhangs IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 1 Nr. 1 b ii) der Verordnung (EU) Nr. 2020/689 betreffs serologischer Untersuchungen als Möglichkeit zur Erlangung des Status ist im nationalen Recht so nicht vorgesehen, kann jedoch unter Bezug auf § 38 Abs. 11 i.V.m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 10 Tiergesundheitsgesetz nach Vorgabe der zuständigen Behörde umgesetzt werden. Eine Einschätzung der Kontakte zwischen den Gruppen und somit eine Bestimmung des Bepro-bungsumfangs ist notwendig, da die Verordnung (EU) Nr. 2020/689 festlegt, dass, sofern die Rinder des Betriebs in getrennten Gruppen ohne unmittelbaren Kontakt zueinander gehalten werden, eine entsprechende Anzahl von Tieren aus jeder Gruppe getestet werden muss.

Zu 3.:
Punkt 3. ermöglicht die Serologie als Alternative zu Punkt 1. bezüglich der Aufrechterhaltung des Status. Auch diese Anordnung ist aufgrund fehlender nationaler Regelungen auf § 38 Abs. 11 i. V. m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 10 Tiergesundheitsgesetz gestützt. Im Einzel-fall kann die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der epidemiologischen Situation und insbesondere des Tier- und Arbeitsschutzes somit erlauben, dass statt der Komplettun-tersuchung aller neugeboren Tiere gemäß Punkt 1. serologische Stichproben nach Vorgabe des IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Nr. 1 c ii) der Verordnung (EU) Nr. 2020/689 durchgeführt werden können.
Zu 4.:
Der Punkt 4. reglementiert das Verbringen tragender Tiere, da aufgrund der biologischen Besonderheiten der Erkrankung eine Ansteckung der Mutter in der Trächtigkeit zu einer in-trauterin nicht nachweisbaren Infektion des Kalbes führen kann. Solche infiziert geborenen Kälber sind je nach Infektionszeitpunkt in utero persistent infiziert (PI-Tiere) und als solche die potentesten Ansteckungsquellen, da diese Tiere hochgradig BVD-Virus mit allen Se- und Exkreten nach ihrer Geburt ausscheiden. Zum Schutz der BVDV-freien Bestände in Thürin-gen, die hochempfänglich für einen BVD-Viruseintrag sind, ist es daher notwendig, dass durch gezielte individuelle Untersuchungen von tragenden Tieren vor der Verbringung oder Besamung, gegebenenfalls in Verbindung mit Quarantänemaßnahmen, ein BVD-Virus-Eintrag verhindert wird. Die hier angeordneten Maßnahmen entsprechen den Regelungen der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689, welche seit 21. April 2021 unmittelbar gilt. Auf der Basis der Festlegung nach Punkt 2. ist es mit vertretbarem Aufwand und angemessener Sicherheit möglich, die Übertragung von BVDV in den Zielbetrieb auszuschließen, ohne die Tiere quarantänisieren zu müssen. Die Regelungen entsprechen dabei den Anforderungen gemäß Anhang IV, Teil VI, Kapitel 1 Abschnitt 1 Nummer 1 Buchstabe c, ii, 2. Alternative der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 der Kommission. Die Anordnung ergeht auf Grundlage des § 38 Abs. 11 i. V. m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 10 a) und Nr. 11 c) des Tiergesundheitsgesetzes. Zum Schutz der BVDV-freien Bestände in Thüringen, die hochemp-fänglich für einen BVD-Viruseintrag sind, ist es notwendig, dass durch gezielte individuelle Untersuchungen von tragenden Tieren vor der Verbringung oder Besamung, gegebenenfalls in Verbindung mit Quarantänemaßnahmen, ein BVD-Virus-Eintrag verhindert wird. Auf der Basis der Festlegung nach Punkt 4. ist es mit vertretbarem Aufwand und angemessener Si-cherheit möglich, die Übertragung von BVDV in den Zielbetrieb auszuschließen.

Zu 5.:
Die anderweitig ebenfalls nicht geregelten Anordnungen gemäß Punkt 5., dass bei positivem Virusnachweis die Tiere grundsätzlich einer Verbringungssperre unterliegen oder der Mög-lichkeit der Verbringung von Rindern aus solchen Beständen nur mit zusätzlichen Untersu-chungen gemäß Punkten 6. und 9. sind notwendig, um einer Verschleppung von Virus in an-dere Bestände vorzubeugen. Die bisherige BVDV-Verordnung sieht gemäß § 5 ebenfalls eine Verbringungssperre für Rinderbestände mit einem BVDV-Nachweis innerhalb eines Zeitrau-mes von 40 Tagen vor. Die Anordnung des Punktes 5. geht über diese nationale Regelung hinaus, entspricht jedoch der europäischen Rechtssetzung. Die Anordnung ergeht auf Grund-lage des § 38 Abs. 11 i. V. m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 18 des Tiergesundheitsgeset-zes. Die Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Verbringungssperre aufgehoben werden kann, entsprechend den Regelungen gemäß Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 4 Nummer 3 der Delegierten Verordnung 2020/689 der Kommission. Damit werden einerseits die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Status „frei von BVD" für das Gebiet des Freistaates Thüringen geschaffen sowie andererseits die Anforderungen für einen Rin-derbestand festgelegt, die erfüllt sein müssen, damit der Status „frei von BVD" auf Betriebs-ebene nach einem BVD-Virusnachweis wiedererlangt werden kann.

Zu 6. und 9.:
In den Punkten 6. und 9. des Tenors sind die Anforderungen festgelegt, die eingehalten wer-den müssen, wenn Rinder aus einem Bestand mit BVDV-Verdacht - oder Nachweis verbracht werden sollen. Die Absicherung über zusätzliche Untersuchungen ist notwendig, um eine Virusverschleppung aus infizierten Beständen sicher zu vermeiden. Die hier festgelegten Voraussetzungen vor einer Verbringung der Tiere entsprechen Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 1 Nummer 1 Buchstabe c, iii der Delegierten Verordnung 2020/689 der Kommissi-on. Diese Festlegungen sind notwendig, da der Status „frei von BVD" durch Rinderbestände nur erreicht werden kann, wenn ausschließlich BVD-unverdächtige Rinder eingestellt wer-den. Wenn diese Tiere jedoch aus nicht unverdächtigen Betrieben oder aus nicht BVD-freien Betrieben stammen, sind diese zusätzlichen Untersuchungen notwendig. Für das Verbringen zur Schlachtung gelten aufgrund des potentiell geringeren Risikos der Virusverschleppung spezielle Regelungen (Punkt 9.).

Zu 7., 8. und 10.:
Die Anordnungen in den Punkten 7. und 8. entsprechen den Vorgaben des Anhangs IV Teil VI Kapitel 1, Abschnitte 3 und 4 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689.

Um die Verpflichtung des Tierhalters zur Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz gegen die Ein- und Verschleppung von Tierseuchen auf Grundlage des Artikels 10 der unmittelbar geltenden Verordnung (EU) Nr. 2016/429 überprüfen zu können, braucht es auf-grund fehlender nationaler Regelungen einen verbindlichen Maßstab. Im Sinne der Gleich-behandlung wird deshalb auf Grundlage § 38 Abs. 11 i.V.m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 25 des Tiergesundheitsgesetzes in Punkt 10. des Tenors festgelegt, dass der Thüringer Leit-faden „Praxishinweise zur Biosicherheit in Rinder haltenden Betrieben" und eine Mindest-kontrollfrequenz von 2 Jahren als Standard festgelegt.

Zu 11.:
Die Festlegung des Punktes 11. verpflichtet Tierhalter zur Einhaltung der Anforderungen der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 im Hinblick auf BVD beim Verbringen von Rindern aus Mitgliedstaaten und Drittländern. Unsere Behörde hat die Kontrolle der Einhaltung der Verbringungsvoraussetzungen unter Nutzung der elektronischen Systeme durchzuführen. Die Anordnung erfolgt auf Grundlage § 38 Abs. 11 i. V. m. § 24 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 1 Nr. 8 Buchstaben a, b, und c des Tiergesundheitsgesetzes und ist erforderlich, um den erreichten Freiheitsgrad der Thüringer Rinderbestände aufrecht zu erhalten.

Zu 12.:
Die Anordnungen in Punkt 12. beruht auf Anhang IV Teil IV Kapitel 2 Abschn. 2 Nr. 1 b der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 der Kommission. Es kann der Status „frei von BVD" einer Zone (hier: Thüringen) nur aufrechterhalten werden, wenn regelmäßig entspre-chende Untersuchungen auf BVD durchgeführt werden. Derzeit basiert die Überwachung auf der virologischen Untersuchung aller Einzeltiere auf das BVD-Antigen oder -Genom. Die genannte Delegierte Verordnung lässt jedoch auch eine jährliche serologische Überwachung auf BVDV-Antikörper auf Bestandsebene oder eine Kombination aus virologischen und sero-logischen Untersuchungen zu. Die Umstellung von einer rein virologischen Einzeltieruntersu-chung zu einer serologischen Bestandsüberwachung bedarf einer Übergangszeit, da in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des Impfverbots die Interpretierbarkeit der Befunde serolo-gischer Untersuchungen auf BVDV-Antikörper aufgrund seropositiver Rinder infolge einer Impfung oder transienten Infektion eingeschränkt sein kann. Zudem werden PI-Tiere durch die serologischen Untersuchungen erst mit einem Zeitverzug erkannt werden können. Des-halb wurde unter Punkt 11. festgelegt, dass zur Vorbereitung der Umstellung auf eine rein serologische Überwachung auf BVDV-Antikörper jeder Halter von Rindern jährlich eine nach behördlicher Vorgabe bestimmte Stichprobe von Rindern seines Bestandes blut- oder milch-serologisch auf BVDV-Antikörper untersuchen zu lassen hat.

Alle Anordnungen der Punkte 1. bis 12. wurden in pflichtgemäßer Ausübung des eingeräum-ten Ermessens erlassen. Es stehen zunächst keine Gründe der Seuchenbekämpfung entge-gen. In Anbetracht der unter Abschnitt I der Gründe dargelegten epidemiologischen Situation in Thüringen und des erreichten Standes der Tilgung der Tierseuche muss der unerkannten Einschleppung durch den Tierhandel mit Rindern aus nicht unverdächtigen Beständen und / oder über intrauterin infizierte Kälber durch sogenannte „Trojanische Kühe" vorgebeugt werden. Die über das von der BVD-Verordnung geforderte Maß hinausgehenden Untersu-chungen erhöhen die Sicherheit, dass es zu keiner BVDV-Einschleppung in einen freien Be-stand kommen kann.

Die Anordnungen nach den Punkten 1. bis 12. wurden auf Grundlage epidemiologischer Er-kenntnisse durch unsere Behörde vorgenommen. Die Maßnahmen sind dazu geeignet, der unerkannten Einschleppung durch den Tierhandel mit Rindern vorzubeugen und den tierseu-chenrechtlichen Status Thüringens „frei von BVD" zu erhalten. Die Maßnahmen sind erfor-derlich, da kein anderes, milderes Mittel zur Verfügung steht, welches gleichermaßen ge-eignet wäre, um den beabsichtigten Zweck der Gewährleistung des tierseuchenrechtlichen Status Thüringens „frei von BVD" zu erreichen. Zur Verfolgung dieser Zwecke sind die Unter-suchungsgebote geeignete Maßnahmen, um die BVDV-Freiheit der Rinderpopulation in Thü-ringen kontinuierlich zu sichern und darüber hinaus die notwendigen Belege dazu zu schaf-fen für eine Anerkennung von Thüringen als BVDV-freie Region. Die Anordnungen verfolgen zuvorderst den Zweck der Förderung der Tiergesundheit als Bestandteil des Tierschutzes, der Verhinderung von Reinfektionen und der Verhinderung volkswirtschaftlicher Schäden und dienen damit dem öffentlichen Interesse. Zur Förderung der allgemeinen und spezifischen Tiergesundheit sind Seuchen zu bekämpfen und, soweit möglich, zu tilgen. Die im Zuge der Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen sind unerlässliche Komponenten bei der BVDV-Bekämpfung. Insbesondere die große Zahl bereits BVDV-unverdächtiger Betriebe hat ein hohes Interesse daran, weiterführende Schutzmaßnahmen auf Grundlage der angestreb-ten Erklärung der Seuchenfreiheit in Anspruch nehmen zu können, um diese Seuchenfreiheit sicherzustellen. Um eine Anerkennung des Status „frei von BVD" auf Betriebs- und Landes-ebene durch die EU zu erreichen, sind die genannten Untersuchungen erforderlich. Es gibt keine alternativen Möglichkeiten, mit denen die angestrebten Ziele gleich gut erreicht wer-den könnten und die gleichzeitig weniger einschneidend sind. Sie gehen auch nicht über die europäischen tierseuchenrechtlichen Anforderungen in Bezug auf BVD, die seit 21. April 2021 Anwendung finden, hinaus. Die Maßnahmen sind auch angemessen, da kein offensicht-liches Missverhältnis zwischen dem angestrebten Erfolg der Maßnahmen und dem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte bzw. wirtschaftlichen Interessen der Rinderhalter besteht. Das öf-fentliche Interesse an der Seuchenbekämpfung überwiegt die privaten bzw. wirtschaftlichen Interessen der privaten und gewerblichen Rinderhalter. Untersuchungsanordnungen sind ferner angemessen, da das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Seuche das Interes-se der Rinderhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum überwiegt. Da die im Rahmen der BHV1-Bekämpfung gemäß der entsprechenden BHV1-Verordnung zu entneh-menden Blutproben gleichzeitig auf BVD - wie unter Punkt 6. angeordnet - mit untersucht werden können, entsteht hierfür auch kein zusätzlicher logistischer oder finanzieller Auf-wand für den Tierhalter. Die Laborkosten im Rahmen dieser BVD-Untersuchungen werden vom Land getragen. Die Anordnungen dieser Allgemeinverfügung sind im Ergebnis verhält-nismäßig.
Jegliche Seuchenbekämpfung dient neben der Förderung der allgemeinen und spezifischen Tiergesundheit auch der Gewährleistung des Tierschutzes, je nach Erkrankungsart dem Ver-braucherschutz ebenso wie der wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebes. Eine BVDV-Infektion kann zu massiven klinischen Erkrankungen und damit auch wirtschaftlichen Schä-den führen. Auch die erforderlichen seuchenprophylaktischen Maßnahmen, um bereits sa-nierte Betriebe vor Reinfektionen zu schützen, bedeuten für diese Unternehmen nicht uner-hebliche wirtschaftliche Aufwendungen für Biosicherheitsmaßnahmen, welche nicht durch den Betrieb selbst, sondern die Tierhaltungen in der Region mit niedrigerem seuchenhygie-nischen Status bedingt werden. Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass das öffentliche Inte-resse an den angeordneten Maßnahmen die Interessen der dadurch betroffenen Tierhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum überwiegt. Dem Interesse der betroffenen Tierhalten, mit ihren Tieren nach Belieben zu verfahren zu können, stehen mögliche erhebli-che volkswirtschaftliche Schäden, der Schutz der freien Bestände und der Tierschutz als zwingende Gründe gegenüber. Zudem dienen die angeordneten Maßnahmen dazu, die An-erkennung von Thüringen als BVDV-freie Region zu erreichen, was mit einer Verbesserung der Handelsmöglichkeiten einhergeht. Da dies allen Rinderhaltern zugutekommt, dienen die Maßnahmen letztlich auch den Interessen der von den Maßnahmen betroffenen Tierhalter.

Darüber hinaus sind in den Punkten 2., 3. und 9. dieser Allgemeinverfügung Ausnahmemög-lichkeiten vorgesehen. So kann beispielsweise bei Rinderhaltungen, bei denen aufgrund von betrieblichen und / oder züchterischen Erwägungen tragende Tiere aus nicht anerkannt freien Betrieben eingestellt werden sollen, ein Zukauf auf Antrag genehmigt werden, wenn durch die vorgesehenen Maßnahmen gemäß Punkt 4. (serologische Untersuchungen im Her-kunftsbestand) sichergestellt ist, dass dadurch kein Infektionsrisiko für den restlichen Be-stand erwächst.

Zu 13.:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Punkt 13.) dieser Allgemeinverfügung wurde auf der Grundlage des § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der derzeit gültigen Fassung erlassen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfordert ein besonde-res Vollzugsinteresse, das über jenes hinausgeht, das den Bescheid rechtfertigt. Aufgrund des in Thüringen erreichten hohen BVDV-Freiheitsgrades ist es aus fachlichen und rechtli-chen Gründen erforderlich, die angeordneten Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug zu vollzie-hen, wobei die Maßnahmen sowohl im öffentlichen Interesse wie im Interesse der gefährde-ten Tierhalter unbedingt erforderlich sind. Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass die zur wirksamen Seuchenbekämpfung erforderlichen Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug durchgeführt werden können. Ein BVD-Viruseintrag in einen BVD-freien Bestand führt bei tragenden Muttertieren, in Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstatus, zur Entstehung persistent infizierte Kälber, die nach der Geburt sehr hohe Mengen an BVD-Virus mit allen Se- und Exkreten ausscheiden. Die Infektion dieser PI-Tiere kann erst erkannt werden, wenn die betreffenden Kälber geboren werden, da mit der Tierkennzeichnung entnommene Ohr-stanzproben zu diesem Zeitpunkt von jedem geborenen Tier untersucht werden. So werden BVD-Infektionen im Bestand erst zeitverzögert, spätestens nach neun Monaten erkannt, wenn schwere klinische Symptome bei infizierten Tieren ausbleiben. Eine möglichst frühzei-tige Erkennung des BVD-Viruseintrages ist jedoch unabdingbar, um schnellstmöglich Tier-seuchenbekämpfungsmaßnahmen (Entfernung von PI-Tieren, Untersuchung des Bestandes; Verbringungssperre) ergreifen zu können und um dadurch Tierleid durch klinische Sympto-me und wirtschaftliche Verluste aufgrund des Rückganges der Herdenleistung, Kälberverlus-te und der Verbringungssperre sowie die Verbreitungsgefahr des BVD-Virus in andere hoch-empfängliche Bestände zu minimieren. Diesem besonderen öffentlichen Interesse stehen keine vorrangigen oder gleichwertigen Interessen des Tierhalters gegenüber, die es recht-fertigen könnten, die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung bis zu einer zeitlich noch nicht absehbaren unanfechtbaren Entscheidung über einen möglichen Widerspruch hinauszu-schieben.

Zu 14.:
Der Vorbehalt des Widerrufs erfolgt gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 ThürVwVfG, um die jeweils aktuelle Gefährdungssituation bzw. eine veränderte epidemiologische Situation berücksichti-gen zu können, die ggf. eine Änderung/ Ergänzung/ Anpassung/ Aufhebung etc. von Anord-nungen notwendig machen würde.

Zu 15.:
Nach § 41 Abs. 4 Satz 3 ThürVwVfG gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 ThürVwVfG). Von dieser Ermächtigung wurde Gebrauch gemacht, da die angeordneten tierseuchenrechtlichen Maßnahmen keinen Aufschub dulden.

Diese Allgemeinverfügung wird auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG öffent-lich bekannt gegeben. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann.

Von einer Anhörung wurde auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 ThürVwVfG abgesehen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung war zu berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge ge-führt hätte.

III.

Auf die Erhebung von Kosten wird gemäß § 28 Nr. 1 ThürTierGesG verzichtet.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Wider-spruch beim Gesundheitsamt der Stadt Suhl, Abteilung Veterinär- und Lebensmittelüberwa-chung, Friedrich-König-Str. 5, 98527 Suhl erhoben werden.

André Knapp
Oberbürgermeister

Hinweise:

1. Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung werden als Ordnungswidrigkei-ten nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tier-seuchen (Tiergesundheitsgesetz- TierGesG) mit Geldbußen bis zu 30.000 € geahndet.

2. Zum Erlangen des Status „frei von BVD" müssen durch den Rinderhalter

a. mindestens die Untersuchungen nach Punkt 1. des Tenors für den Zeitraum von 12 Monaten oder nach Genehmigung durch unserer Behörde die serologischen Tests nach Punkt 2. des Tenors mindestens dreimal in Zeitabständen von vier Mo-naten innerhalb von mindestens 12 Monaten durchgeführt haben und
b. während der letzten 18 Monate kein bestätigter Fall von BVD bei einem im Be-trieb gehaltenen Rind aufgetreten sein und
c. seit dem Beginn der Untersuchungen nach Buchstabe a. die Verbringungsbe-stimmungen gemäß Anhang IV Teil VI Abschnitt 1 Teil 1 Buchstabe c der Dele-gierten Verordnung (EU) 2020/689 eingehalten werden.

3. Abweichend von Nummer 2 der Hinweise kann der Status „frei von BVD" einem Be-trieb gewährt werden, wenn alle Rinder aus BVD-freien Betrieben stammen, die nicht für die Zucht vorgesehen sind und der Status des Betriebs als frei von BVD in Übereinstimmung mit Abschnitt 2 Absatz 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 aufrechterhalten wird.
4. Rinderhalter haben sicherzustellen, dass das gesamte in Rinder haltende Betriebe in Thüringen verbrachte Zuchtmaterial (Samen, Embryonen, Eizellen) nur aus BVDV-freien Betrieben oder zugelassene Zuchtmaterialbetrieben stammt.

5. In rinderhaltende Betriebe in Thüringen dürfen nur noch Rinder aus Betrieben ver-bracht werden, die entweder

a. aus BVD freien Betrieben stammen, die in einem BVD-freien Mitgliedstaat oder einer BVD-freien Zone eines Mitgliedstaates liegen, oder

b. aus BVD freien Betrieben stammen,
i. wo die in Punkt 3. des Tenors genannten serologischen Tests innerhalb der letzten vier Monate mit Negativbefund durchgeführt wurden, oder
ii. sie vor ihrer Versendung unter Berücksichtigung der bisherigen Tests und, so-fern relevant, des Stadiums der Trächtigkeit des Tieres, individuell getestet wurden, um die Übertragung von BVDV in den Zielbetrieb auszuschließen. Im Falle von trächtigen Tieren sind die Untersuchungen des Punktes 4. durchzu-führen oder

c. Sofern es sich um Rinder handelt, welche aus Betrieben stammen, die nicht den Status „frei von BVD" aufweisen, müssen sie mit einem Test auf BVDV-Antigen oder -Genom negativ untersucht worden sein und

i. während eines Zeitraums von 21 Tagen vor ihrer Verbringung einer Quaran-täne unterzogen werden und im Falle trächtiger Tiere bei einer nach mindes-tens 21 Tagen der Quarantäne entnommenen Probe mit einer in der amtli-chen Methodensammlung beschriebenen Methode mit negativem Ergebnis auf BVDV-Antikörper untersucht worden sein, oder
ii. vor ihrer Verbringung oder im Falle trächtiger Tiere vor der Besamung posi-tiv auf Antikörper gegen BVDV getestet worden sein.

6. Der Status „frei von BVD" jedes Betriebes mit einem Verdachtsfall nach Art. 9 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/ 689 wird ausgesetzt. Gleiches gilt für alle Be-triebe, in denen eine oder mehrere Anforderungen an Verbringungen und Untersu-chungen nicht erfüllt sind, gemäß Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe f der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitte 3 und 4.

7. Durch das Gesundheitsamt der Stadt Suhl, Abteilung Veterinär- und Lebensmittel-überwachung wird der Status „frei von BVD" nach einer Aussetzung des Status wieder zuerkannt, wenn

a. die Anforderungen an die Verbringung von Rindern gemäß Nummer 5 der Hin-weise an das Einstellen von Rindern sowie die Anforderungen an die Untersu-chung gemäß Tenorpunkt I und II dieser Allgemeinverfügung oder sofern relevant die Anforderungen gemäß Anhang IV Teil VI Abschnitt 2 Teil 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 (Mastbetriebe) erfüllt worden sind,
b. seit der Gewährung des Betriebsstatus „frei von BVD" kein Rind des Betriebes ge-impft worden ist und
c. ggf. der Status der Verdachtsfälle gemäß Tenorpunkt 7. bestimmt wurde.

8. Durch das Gesundheitsamt der Stadt Suhl, Abteilung Veterinär- und Lebensmittel-überwachung wird der Status „frei von BVD" nach einer Aberkennung des Status wie-der zuerkannt,

a. sofern die Aberkennung aufgrund eines bestätigten Falls von BVD erfolgt ist, wenn

i. alle Tiere mit einem positiven Untersuchungsergebnis auf BVDV aus dem Betrieb entfernt wurden, und
ii. alle übrigen Rinder des Betriebes entsprechend Punkt 6. untersucht wur-den, und
iii. alle Kälber, die in utero mit BVDV hätten infiziert werden können, isoliert geboren und gehalten wurden, bis sie mit einem negativen Ergebnis auf BVDV-Antigen oder -Genom untersucht worden sind. Die Sicherstellung der baulichen und personellen Voraussetzung für die isolierte Geburt und Haltung sind der zuständigen Behörde anzuzeigen und von dieser zu prü-fen, oder

b. sofern die Aberkennung aufgrund der Nichteinhaltung der Anforderungen an die Untersuchung und / oder Verbringung nach Ablauf von neun Monaten erfolgt ist, wenn die Anforderungen gemäß Anhang IV Teil VI Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 erfüllt sind.

9. Nach Anerkennung des Status „frei von BVD" für Thüringen dürfen in Thüringer Rin-derbetriebe mit dem Betriebsstatus „frei von BVD" nur Rinder eingestellt werden, die nicht gegen BVD geimpft wurden.

10. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine auf-schiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass die Anordnungen befolgt werden müssen, auch wenn ein Rechtsbehelf eingelegt wird.

11. Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung können beim Gesundheitsamt, Abtei-lung Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, Friedrich-König-Straße 5, 98527 Suhl, eingesehen werden. Des Weiteren ist die Allgemeinverfügung mit ihrer Begründung auf der Homepage der Stadt Suhl www.suhltrifft.de veröffentlicht.